Strand in Jaco, Costa Rica
Strand in Jaco, Costa Rica
29.01.2019
WJT 2019

Was bleibt nach dem Weltjugendtag?

Tobias Schulte über seine Gedanken und Gefühle zum Ende der Pilgerreise nach Costa Rica und Panama.

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von Tobias Schulte

Was eine Woche her ist, wirkt so, als sei es vor Monaten gewesen. So geht es mir zumindest, wenn ich jetzt, zum Ende der Großveranstaltungen des Weltjugendtags (WJT), auf die Zeit in Jaco und San Isidro  in Costa Rica zurückblicke. Tage vergehen schnell. Wochen langsam. Klingt komisch, aber so fühlt es sich an.

»Tage vergehen schnell.
Wochen langsam.«

Uns steht noch eine eher touristische Woche bevor: Wandern durch den Urwald auf dem Camino Real, schwimmen in der Karibik. Was bleibt vom Weltjugendtag?

In Panama und Costa Rica haben wir neu erlebt, was es bedeutet, dass wir Weltkirche sind. Die Menschen haben sich so sehr über uns Europäer, uns Deutsche gefreut. So richtig wussten wir gar nicht, warum. Warum plötzlich jeder Selfies mit uns schießen wollte. Warum die Menschen auf der Straße „Bienvenidos“ sagen, wenn wir erklären, dass wir aus Deutschland kommen. 

Das liegt auch daran, dass wir hier die Exoten sind. Innerhalb der katholischen Kirche sind wir Deutschen und Europäer in der Unterzahl - hier und allgemein. Das hat schon der Blick auf die vielen Fahnen bei den Großveranstaltungen des Weltjugendtags gezeigt. In Afrika, Amerika und Asien steigt die Zahl der Christen um Millionen im Jahr, nur in Europa sinkt sie.

Flaggen beim Papstwillkommen
Flaggen beim Papstwillkommen
Anbetung des Allerheiligsten in San Isidro, Costa Rica
Anbetung des Allerheiligsten in San Isidro, Costa Rica

»Wer oder Was sollte mich da berührt haben, außer Gott?«

Singen in der Paderborner Katechese in Panama-Stadt

Weltkirche steckt an

Das heißt: Wir müssen verstehen, dass unsere Weltkirche vor vielen Fragen steht, die wir in Europa nicht haben. Gleichzeitig sind brennende Themen von Europäern auf anderen Kontinenten nicht da. Das müssen wir akzeptieren. Gleichzeitig bietet unsere Weltkirche die Möglichkeit, uns vom Glaubensleben der Mittelamerikaner, Afrikaner und Asiaten inspirieren zu lassen. In San Isidro und Panama haben wir erlebt, wie erfrischend das sein kann.

Die katholische Kirche als Weltkirche lebt. Das wurde in Panama-City klar. Deutlich wurde auch, dass die deutsche Kirche lebt. In den Katechesen haben Bischöfe und Pilger ausführlich über die Sicht der Kirche auf Homosexualität diskutiert. Junge Christinnen und Christen haben erzählt, in welchen Situationen sie Gott begegnet sind. Das steckt an.

Ob ich auf dem WJT auch eine persönliche Begegnung mit Gott hatte? 100-prozentig wissen kann ich das nicht. Aber in vielen Momenten, in denen ich gebetet habe, in denen Jesus im Allerheiligsten da war, habe ich tief emotionale Momente erlebt. 

Ich habe Tränen vergossen, während ich meine Gedanken im Gebet formuliert habe. Wer oder Was sollte mich da berührt haben, außer Gott?

Viele tief emotionale Momente hatte ich in Gebeten und Messen - das zeigt mir: Die Kirche hat die richtigen Feiern, um mich und viele andere junge Menschen zu berühren. Gottesdienste mit lautstarken, freudigen Liedern. Stille, um nachzudenken, um zu fragen und zu danken. Gespräche, um das, was einem auf dem Herzen liegt, loszuwerden und neu anzufangen.

Wenn wir uns also fragen: Was muss Kirche in Deutschland verändern?, dann heißt die Antwort nicht: Alles.

Trotzdem denke ich: Die Rahmenbedingungen der Feiern, die wir jetzt schon haben, müssen besser werden. Wir müssen näher zusammenrücken, auch im wortwörtlichen Sinne während der Gottesdienste. Denn wir sind eine Gemeinschaft und keine Einzelgänger. Wir brauchen passende Musik, die mitreißt. Dafür sollten wir mehr christliche Popmusik einsetzen, anstatt nur die Orgel zu nutzen. Wir selbst müssen uns mehr einlassen auf das, was wir feiern. Eine Messe hier beim Weltjugendtag berührt mich darum so, weil ich aus meinem Alltag raus bin. Weil ich nicht an das Fußballspiel oder die Hausarbeit denke, die nach der Messe kommt. Ich bin präsent.

Ich glaube, dass gerade das vielen jungen Leuten in unserer Heimat fehlt: Aus dem Alltäglichen ausbrechen. Dass sie nicht häufig über das große Ganze nachdenken. Ich glaube, dass wir genau das mit den Erfahrungen aus Costa Rica und Panama anvisieren und verändern sollten: Uns selbst Zeit für das Fragen zu nehmen und unsere Freunde in den richtigen Momenten mit den großen Fragen zu konfrontieren - dann können wir auch erzählen, was uns auf dem Weltjugendtag berührt hat.