Julian Gentilini fühlt sich sofort willkommen, obwohl er kaum jemanden kennt. Es ist Samstagnachmittag, 17 Uhr, beim 10-jährigen Jubiläum von YOUNG MISSION. Julian steht mit 140 Jugendlichen vor dem Kornhaus des Jugendhauses Hardehausen.
Mit einem alkoholfreien Cocktail in der Hand unterhält sich Julian an einem Stehtisch. Er ist mit Leoni und Joshua hier, die er aus der Kirchengemeinde in Herne kennt. Gerade unterhalten sie sich mit Tim aus Lennestadt, dem Schlagzeuger der YOUNG-MISSION-Band.
Julian ist heute zum ersten Mal bei der YOUNG MISSION - und gleich beim Jubiläum. Er hat die Werbung auf Instagram gesehen und sich gedacht: „Warum nicht mal ein neues Glaubensformat ausprobieren?“
Der gebürtige Herner studiert Medizin und Theologie in Bochum. Ehrenamtlich ist Julian Messdiener und Rettungssanitäter beim Malteser Hilfsdienst. Wie passend. Denn das Motto des YOUNG MISSION Weekends lautet: „Stets zu Diensten“.
Wem diene ich? Wer dient mir? Diese beiden Fragen ziehen sich wie ein roter Faden durch das Wochenende. Auch jetzt, gegen 19 Uhr. Julian hat nach der Begrüßung Pizza gegessen und sitzt in der Jugendkirche im Jugendhaus Hardehausen. Die 140 Jugendlichen haben sich in kleine Gruppen aufgeteilt. An der Nummer auf seinem Armband sieht Julian, zu welcher Gruppe er gehört. Sie sprechen darüber, wie das Dienen in ihrem Leben eine Rolle spielt.
Julian sagt: „Das Gespräch ist interessant, weil jeder eine andere Lebensgeschichte und einen anderen Bezug zum Thema hat. Die eine arbeitet als Sachbearbeiterin im Finanzamt, der andere ist Messdiener, ich bin ehrenamtlicher Rettungssanitäter“.
Ein Ehrenamt, das er auch gut mit seinem Glauben verbinden kann: „Helfen ist etwas Urchristliches“, sagt Julian. „Ich bekomme zwar keinen Cent dafür, aber der Hilfsdienst bei den Maltesern erfüllt mich. Wir erfahren oft Wertschätzung - und wenn es nur das Lächeln auf dem Gesicht ist, wenn ich jemandem ein Pflaster geklebt habe.“
Zurück in die Kirche. Was jetzt kommt, ist für Julian ungewohnt. Die Vigilfeier steht an. Eine Gebetszeit mit viel Kerzenschein, Stille und Lobpreismusik. Vor allem die Musik ist Julian fremd.
Gleich zu Beginn der Vigil spielt die Band einen der Gänsehaut-Songs von YOUNG MISSION: Oceans". Während viele Jugendliche die Augen schließen und laut mitsingen, liest Julian den Text, der per Beamer an die Wand geworfen wird, und singt eher vorsichtig mit.
Andere Elemente sind ihm dagegen vertraut: Ministranten, Weihrauch, Monstranz, Gebet. Wenn es dann bei der Anbetung des Allerheiligsten minutenlang still wird, muss Julian erst in die Stille finden. „Mein Alltag ist so durchgetaktet mit Studium, Nebenjob, Ehrenamt und Hobbys - da ist oft Reizüberflutung angesagt. Da tut es gut, hier die Stille zu erleben und sich darauf einzulassen. Das hat etwas Befreiendes.“
Insgesamt empfindet er die Atmosphäre der Vigil als stimmig. „Die Mischung stimmt“, sagt Julian. Und: „Man spürt richtig im Raum, wie viele Menschen berührt sind. Von Freude bis Tränen ist alles dabei.“ Begeistert ist er auch von dem Gemeinschaftsgefühl, das er spürt - obwohl er die meisten Anwesenden gar nicht kennt.
»Mein Alltag ist so durchgetaktet - da tut es gut, hier die Stille zu erleben und sich darauf einzulassen. Das hat etwas Befreiendes..«
Julian Gentilini
Die Gemeinschaft bewegt sich gegen 22 Uhr langsam rüber von der Kirche ins Kornhaus. Ein DJ legt auf. Wein, Bier, Softgetränke und Snacks stehen bereit. Diese Party ist zugleich eine Geburtstagsfeier für die junge Glaubensinitiative selbst. YOUNG MISSION hat 10-jähriges Jubiläum.
Deswegen wird auf der Tanzfläche um 23 Uhr die Pause-Taste gedrückt. Die Teilnehmenden schauen gemeinsam mit einem Jubiläumsfilm auf den Weg von YOUNG MISSION zurück. Vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro 2013 über das erste Weekend im Juni 2014 bis heute.
Alle erleben, welche Geschichte YOUNG MISSION schon geschrieben hat. Stoßen mit Sekt und O-Saft darauf an. Essen ein Stück von der Jubiläums-Torte, gebacken von Diözesanjugendpfarrer Tobias Hasselmeyer.
Julian, der heute YOUNG MISSION zum ersten Mal erlebt, sagt: „Ich finde es schön, dass ich im Film gesehen habe, dass manche schon seit zehn Jahren mit der gleichen Leidenschaft dabei sind. Und ich finde es toll, dass die Geschichte von YOUNG MISSION weitergeht.“
Weiter geht dann auch die Party. Musik, Tanz und gute Gespräche. Offiziell bis 1 Uhr, spätestens bis am nächsten Morgen der Wecker klingelt.
Mit Musik und einem Quiz zum Wachwerden startet der Sonntagmorgen in der Jugendkirche. Es folgt die Glaubensgeschichte, diesmal von Felix Lieneke aus Salzkotten, der ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert ist – neben der Ausbildung zum Notfallsanitäter und anderen Ehrenämtern wie Pfarrgemeinderat und Wortgottes-Feier-Leiter in der Kirchengemeinde. Felix erzählt, dass für ihn ein Satz aus
dem Evangelium in seinem Glauben und Ehrenamt mega wichtig ist: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan.“ (Mt 25,40)
Dann erzählt Felix, wie sehr ihn die Blaulicht-Action bei der Feuerwehr fasziniert und Spaß macht – und sagt: „Wenn ich Bock auf etwas habe, kann ich besonders gut helfen.“ Julian hört Felix gern zu. Er sagt: „Mich motiviert es, zu sehen, dass auch andere in Kirche und im Hilfsdienst engagiert sind.“
Apropos Hilfe. Nach der Glaubensgeschichte und vertiefenden Workshops steht nun die Heilige Messe an. Generalvikar Monsignore Dr. Michael Bredeck feiert den Gottesdienst und predigt über das Evangelium vom Sturm auf dem See, bei dem die Jünger Jesus um Hilfe anflehen.
Und Jesus? Zunächst schläft er, doch nachdem die Jünger ihn bedrängen und aufwecken, droht er dem Wind, sodass es auf dem See ganz ruhig wird. Da fragt er seine Jünger: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“
Bredeck verbindet diese Stelle mit dem ersten Logo von YOUNG MISSION, dem Surfer auf einer Welle, und der Frage von Papst Franziskus beim Weltjugendtag 2013 in Rio de Janero: „Bist du bereit, in die revolutionäre Welle des Glaubens hineinzugehen?“
„Stürme gehen an uns nicht vorbei, sagt Bredeck, „aber wir können die revolutionäre Welle des Glaubens reiten. Wir können mit unserer Angst zu Jesus gehen. Ihn geradezu damit bedrängen, was mich beschäftigt – und dann spüren, dass Jesus handelt, viellicht auch obwohl wir denken, dass er schläft. Gott rettet, auch wenn alle denken, es wäre verloren. Wir liegen Gott am Herzen. Er ist stets zu Diensten. Immer und überall.“
Mit der Kommunion, der Möglichkeit für einen Einzelsegen und Mittagessen endet wie üblich auch das Weekend zum 10-jährigen YOUNG MISSION-Jubiläum. Julian Gentilini schaut zurück, was er alles an diesem Wochenende erlebt hat. Er sagt: „Es wirkt gerade so viel auf mich ein, das muss ich erstmal die nächsten Tage verarbeiten.“
Er hat das Gefühl, dass das Weekend mega schnell vorbeigegangen ist. Und dann sagt er einen Satz, der auch für 10 Jahre YOUNG MISSION gelten könnte: „Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn die Zeit schnell umgeht.“